Programm

Bevor du gehst

Wer sonst, wenn nicht wir? Die eigene Mutter vor Augen und die eindringliche Frage nach dem, was bleibt, wenn sie für immer geht, bewegte drei sorbische Künstler und inspirierte sie zu einem ungewöhnlichen Vorhaben. Es ist der letzten Generation von Frauen gewidmet, die tagtäglich die sorbische Tracht tragen.

Die umfangreiche Sammlung von Fotografien des Bautzener Fotografen Matthias Bulang, aufgenommen in den Jahren zwischen 1985 und 2011, wurde zum Ausgangspunkt des Projektes. In Zusammenarbeit mit der Schriftstellerin Róža Domašcyna und dem Komponisten Měrćin Weclich entstanden unter dem Titel „Bevor du gehst“ eine bemerkenswerte Publikation und eine Ausstellung.

Seit mehr als fünfundzwanzig Jahren hat Matthias Bulang die letzten Trachtenträgerinnen der sorbischen Lausitz porträtiert. Er besuchte sie in ihrer häuslichen Umgebung, fotografierte sie in ihren Berufen, bei der Arbeit auf dem Feld oder auf ihrem Hof, hielt sie mit seiner Kamera im Kreise ihrer Kinder und Enkelkinder fest. Es sind klassische schwarz-weiß Bilder, aufgenommen – ganz in der Tradition großer Meister – mit einer herkömmlichen Plattenkamera. Nach dem Vorbild namhafter Porträtisten des 20. Jahrhunderts inszeniert Matthias Bulang gezielt seine Bilder.

Indem er die Frauen in eine für sie charakteristische Umgebung versetzt und sie mit berufs- und arbeitsspezifischen Attributen ausstattet verleiht er ihnen ein gewisses Pathos, ikonengleich. Für den Betrachter bleiben sie namenlos. Sie stehen so stellvertretend für alle Frauen ihrer Generation.

In den fünfzig für die Ausstellung auserwählten Motiven lenkt  Matthias Bulang den Blick in das Antlitz der dargestellten Frauen. Ihre Gesichter sprechen ohne Worte, geben Lebensspuren und  Wesenszüge preis. Wie nebenbei zieht das Leben auf dem Land in den letzten dreißig Jahren in der Lausitz vor dem Auge des Betrachters vorbei.

Es sind einfache Frauen; selbstbewusst, lebensbejahend, kraftvoll aber auch zurückhaltend, voller Melancholie und Nachdenklichkeit – Frauen, die mit beiden Beinen im Leben stehen und Frauen, deren irdische Zeitreise sich dem Ende neigt.

Der Fotograf Matthias Bulang sieht sich weniger in der Tradition eines dokumentierenden Ethnografen oder Trachtenspezialisten, sondern vielmehr als jemand,  der den Frauen ein stilles Denkmal setzen möchte. Die meisten von ihnen leben heute nicht mehr. Mit den Porträts von Matthias Bulang, die für die Ausstellung nahezu auf lebensgroßes Format gezogenen wurden, entsteht die Illusion, als wären sie noch mitten unter uns.  Die unvermeidbare Antwort auf die Frage nach dem was mit dem Tod einer jeden dieser Frauen unwiederbringlich verloren geht, entrückt so für einen kurzen Augenblick. Mit dem Tod einer Jeden von ihnen scheint nahezu unmerklich Sprache, Religiosität, Tracht und gelebte Tradition verloren zu gehen.

Die Bilder von Matthias Bulang sind eine Hommage an all die unscheinbaren Heldinnen des Alltags, welche sich ungeachtet aller ihrer Generation auferlegten Lasten durch die geschichtlichen Wirren des 20. Jahrhunderts und entgegen aller Anfeindungen ihrer sorbischer Tracht und ihrer Muttersprache wegen ihren Lebensmut, ihre Frömmigkeit und die Liebe zu ihrem Volk bewahrt haben.

TRANSFORM 

Seit 10 Jahren organisiert die Künstlergrupppe „Kreis 07“ ein Sommerpleinair in der Lausitz mit unterschiedlicher Thematik. Dieses Jahr von das Pleinair in der Energiefabik Knappenrode statt.

Das diesjährige Thema ist TRANS-FORM – Mensch und Landschaft im Wandel: Verändern, Erweitern, Auflösen, Neues ausloten, mit anderen und gemeinsam – das soll das Credo sein!

Die Ausstellung zeigt die entstandenen Arbeiten der Künstler, zum Beispiel von Barbara Seidl-Lampa, Jürgen Matschie und Michael Horwath.

Ausstellungsort: Schaltzentrale

Gefördert durch den Kunstverein Pro Ars Lausitz e.V. www.proarslausitz.de

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